Wie du ChatGPT richtig fütterst? Gib dem Affen Zucker!
ChatGPT ist ein bisschen wie dein unbekannter Cousin auf der Familienfeier: Weiss scheinbar alles, ist aber keine Stimmungskanone. Füttere ihn ein bisschen mit diesem und jenem, und er tanzt auf dem Tisch. Wir wollen wissen: Wer verwandelt langweilige Texte besser in prickelndes Lesebrausepulver – KI oder die IK (Immens Kreativen) von Bühler & Bühler? Und was haben Burstiness und Perplexity damit zu tun?Wer schon einmal mit künstlicher Intelligenz nach Inspiration für eine Textaufgabe gesucht hat, weiss: Die Ergebnisse sind häufig etwas blutarm. Denn KI setzt tendenziell auf bekannte Muster, statt neue, überraschende Wege zu beschreiten. Was lässt sich dagegen tun? Zur Klärung generieren wir zunächst einen langweiligen Text. Menschliche Kreativität aka unser Textteam verwandelt diesen anschliessend in neugierweckende Lesebonbons. Zum Schluss versuchen wir, dem digitalen Tool mit gezielten Re-Prompts mehr Raffinesse zu verleihen.
Das Experiment: von KI-Routine zu menschlicher Kreativität
Der Prompt an ChatGPT: «Thema: Ein Tag im Park. Erstelle einen Text von etwa 100 Wörtern mit maximaler Vorhersehbarkeit und ebenfalls maximal gleichförmigen Sätzen, was Elemente wie Struktur, Zeitformen und Länge angeht.».
ChatGPT gehorcht: «Heute ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint hell am Himmel. Vögel zwitschern in den Bäumen. Menschen gehen spazieren im Park. Kinder spielen fröhlich auf dem Spielplatz. Hunde laufen mit ihren Besitzern. Jogger drehen ihre Runden auf den Wegen. Enten schwimmen gemütlich im Teich. Bänke laden zum Verweilen ein. Blumen blühen in bunten Farben. Sportler machen Dehnübungen am Rande. Künstler zeichnen die schöne Szenerie. Fotografen halten Momente mit der Kamera fest. Naturfreunde beobachten Insekten und Pflanzen. Alle geniessen den friedlichen Tag im Park. Die Atmosphäre ist entspannt und harmonisch. Es herrscht reges, aber ruhiges Treiben überall.»
So weit, so wenig überraschend. Wir übergeben das mal rasch an menschliche Textkompetenz.
Die Aufgabe ans Team: «Was kannst du tun, damit der Text von ChatGPT mehr Lust zum Lesen macht? Gleichzeitig darf es nicht zu schwer werden, ihm zu folgen.»
Mit diesem Auftrag gehen unsere kreativen Köpfe für eine bewusst knapp gewählte Viertelstunde ans Werk. Die Ergebnisse sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie erdacht haben – drei Beispiele:
Chilliges Wimmelbild
«Ein Tag für die Seele. Amseln und Kohlfinken sonnen sich in den Bäumen. Kinder schaukeln lachend um die Wette und versuchen mit ihren Zehenspitzen die Wolken zu erreichen. Rex und seine vierbeinigen Freunde rennen schwanzwedelnd ihren Stöckchen und Bällen hinterher. Was die Jogger freut, die so in Ruhe ihre Runden um den Teich drehen. Etwas dehnen nicht vergessen. Ein Tag zum Festhalten. Das versucht auch die junge Frau mit Kreidestiften in ihrem Skizzenbuch auf dem Schoss. Oder das Touristenpärchen, das mit Handykameras flauschige Bienen, skurrile Blätter und die ineinander verschlungenen Beine einfängt. Ein Tag für die Ewigkeit.»
Verdammt, es reimt sich
«Im Park ist’s heut ein schöner Tag,
die Sonne scheint so wie ich’s mag.
Vögel zwitschern aus den Kronen,
es wird spaziert auf leisen Sohlen.
Die Kleinen spielen ausgelassen,
Künstler zeichnen schön in Massen.
Die Menschen gehen mit dem Hunde,
Jogger drehen eine Runde.
Bänke werden plattgesessen,
Blumen blühen ganz versessen.
Sportlerinnen dehnen sich,
Paparazzi machen’s ohne Licht.
Beobachtet werden Tiere und Pflanzen
Während Blumen in bunten Farben tanzen.»
Ganz schön unschön
«Sonnenstrahlen glitzern in der Luft an einem Samstagmorgen im Central Park. In den Bäumen lärmen fette Spatzen. Was für ein perfekter Tag für einen Spaziergang! Wären da nicht die kreischenden Bengel auf dem Spielplatz. Oder die ganze Hundescheisse auf dem Gehweg. Wenigstens haben die Enten im Teich eine gute Zeit. Auf der Suche nach einer Bank für meine Kaffeepause fällt mir auf, dass die auch schon bessere Zeiten erlebt haben. Da muss wohl der Rasen ausreichen. Schön wird der blockiert von all diesen Overachiever und Sportbesessenen. Könnt ihr das nicht irgendwo anders machen, ohne uns alle schlecht fühlen zu lassen? Ich muss lachen, wenn ich die Touristen sehe, die jeden Dreck mit Ihren Smartphones abfotografieren und sich von Strassenkünstlern das Geld aus der Tasche ziehen lassen. Okay, vielleicht hab ich etwas übertrieben. Ist doch eigentlich ganz gemütlich hier.»
Die Zwischenbilanz: Perplexity und Burstiness kommen ins Spiel
Was menschliche Kreativität aus dem recht trockenen Basistext gemacht hat, illustriert sehr anschaulich zwei Begriffe, die häufig im Kontext der Verarbeitung natürlicher Sprache durch KI verwendet werden: Perplexity und Burstiness.
Perplexity (wie das gleichnamige KI-Tool, zu Deutsch etwa «Verblüffung») beschreibt, wie gut ein KI-Modell das nächste Wort in einem Text vorhersagen kann. Niedrige Perplexity bedeutet, die Wortwahl ist sehr transparent, was den Text schnell langweilig macht. Ist die Perplexity hoch, führt das zu Abwechslungsreichtum, eventuell aber auch Verständnisschwierigkeiten: «In der Schule lernen wir» können wir einfach zu Ende denken. «Die grinsende Katze philosophierte über» lässt dagegen sehr viel Raum zum Weiterspinnen. Hier ist die richtige Balance entscheidend, um gleichzeitig zu fesseln und präzise zu kommunizieren.
Burstiness bedeutet so viel wie «Wortgehäuftheit». Es beschreibt die Tendenz, bestimmte Wörter in Schwärmen zu verwenden, statt sie gleichmässig über den Text zu verteilen. So taucht bei der Beschreibung einer Trauung das Wort «Ringe» am Anfang häufig auf. Ist der Brautstrauss geworfen, verschwinden auch die Ringe aus dem Text. Wie eine Kamera im Film verstärkt Burstiness einzelne Details und verändert den Fokus der Erzählung.
Das De-Briefing: neue Prompts, neue Chance
Prompt #1 an ChatGPT – mehr Perplexity
Menschen setzen Spannungselemente beinahe unbewusst ein, um die Zuhörenden zu fesseln. KI müssen wir dagegen mit einem Schubser vom öden Mittelweg abbringen.
Mit dem Re-Prompt «Erhöhe die Perplexity in diesem Text» verläuft der Tag im Park plötzlich ganz anders: «Ein Tag von scheinbarer Banalität entfaltet sich paradoxerweise in seiner vielschichtigen Komplexität. Die Sonne, ein kosmischer Fusionsreaktor, überflutet die Atmosphäre mit Photonen. Avifauna kommuniziert in kryptischen Frequenzen aus dem Blätterdach. Homo sapiens perambulieren durch die kultivierte Wildnis des urbanen Grüns. Juvenile Exemplare der Spezies engagieren sich in ludischen Aktivitäten auf anthropogen gestalteten Arealen. Caniden, domestizierte Nachfahren des Canis lupus, begleiten ihre bipedalen Symbionten...»
Prompt #2 an ChatGPT – das war zuviel
Wir unterbrechen und steuern gegen mit diesem Re-Prompt: «Vermindere die Perplexität auf ein normales Mass.»
Das Resultat: «Heute ist ein schöner Tag. Die Sonne strahlt am Himmel und taucht alles in warmes Licht. Vögel zwitschern fröhlich in den Bäumen. Menschen spazieren entspannt im Park, während Kinder auf dem Spielplatz spielen. Hunde laufen mit ihren Besitzern, die sie freundlich an der Leine führen. Jogger drehen ihre Runden auf den Wegen, und Enten schwimmen gemächlich im Teich. Bänke laden dazu ein, eine Pause zu machen und die Umgebung zu geniessen. Blumen blühen in leuchtenden Farben, während Sportler am Rande Dehnübungen machen. Künstler halten die schöne Szenerie mit ihren Zeichnungen fest, und Fotografen versuchen, besondere Momente mit ihren Kameras einzufangen. Naturfreunde beobachten Insekten und Pflanzen in ihrer Umgebung. Alle geniessen den friedlichen Tag im Park, wo eine entspannte und harmonische Atmosphäre herrscht. Es gibt reges Treiben, aber alles bleibt ruhig und angenehm.» Das klingt doch schon besser.
Prompt #3 an ChatGPT – mehr Burstiness
«Bitte erhöhe nun die Burstiness.» Derart freundliche Aufforderungen erwidert ChatGPT mit einer abwechslungsreicheren Textstruktur: «Heute. Ein Traumtag. Die Sonne strahlt am azurblauen Himmel, als hätte ein kosmischer Künstler sein Meisterwerk vollendet. Vögel zwitschern, Menschen schlendern, Kinder toben ausgelassen. Hunde zerren an der Leine. Jogger keuchen vorbei. Plötzlich – Stille. Nur das sanfte Plätschern der Enten im Teich durchbricht die Ruhe. Bänke locken. Blumen explodieren in Farben, während Sportler sich dehnen. Künstler skizzieren hastig. Kameras klicken. Naturfreunde flüstern aufgeregt. Sie haben etwas entdeckt! Der Park pulsiert. Friedlich. Harmonisch. Ein Mikrokosmos des Glücks. Reges Treiben. Und doch – Ruhe. Paradox? Nein. Perfekt.»
Fazit: Intuition vs Regelwerk
Vielleicht lassen sich mit detailgenaueren Re-Prompts über mehrere Etappen irgendwann Texte genieren, die in Bezug auf Lebhaftigkeit und Spannung an Menschenerdachtes heranreichen. Dazu braucht die KI neben präzisen Handlungsanweisungen und aussagekräftigen Beispielen allerdings auch ein zuverlässiges Verständnis für die Zielgruppe. Und selbst dann: Könnte künstliche Intelligenz wirklich etwas so Unerwartetes und gleichzeitig Fesselndes zaubern wie das Folgende? Ein weiteres Beispiel aus der ersten Runde unseres Experiments, frisch von der Seele getippt mit menschlicher kreativer Intelligenz in nur 15 Minuten:
Bonus-Track: überraschende Besucher
«Heute ist ein schöner Tag auf den Philippinen. Die Sonne scheint hell am Himmel und mir auf den Rücken, während ich Richtung Supermarkt marschiere. Unterwegs höre ich Vögel in den Bäumen zwitschern, weil die Affen sie mit Bananen bewerfen. Menschen hat es nicht viele unterwegs, viele gehen lieber im Park spazieren. Wenige Kinder spielen fröhlich auf dem Spielplatz und beobachten die Affen, die immer noch Streit mit den Vögeln haben. Hunde laufen mit ihren Besitzern, den Affen – ja, den Affen, denn Hunde leben hier genau so frei wie sie. Nur wenige Jogger drehen ihre Runden, denn auch sie werden mit Bananen beworfen. Wie amüsant. Ich schaue zu den Enten, sie plantschen gemütlich im philippinischen Teich… auch genannt das Meer. Hängematten, die direkt zwischen Meer und Bar hängen, laden zum Verweilen ein. Blumen blühen in bunten Farben, überall – auch in den Blumentöpfen direkt bei den unzähligen Strandbars. Sportler machen Dehnübungen am Rande. Nichts für mich, ich nehme mir lieber eine Mimosa für unterwegs. Künstler zeichnen die schöne Szenerie, während Touristen Momente mit der Kamera festhalten. Naturfreunde beobachten Insekten und Pflanzen – und natürlich auch die Affen, welche immer noch mit Bananen um sich schmeissen. Alle geniessen den friedlichen Tag im Park, ausser die Affen. Keine Ahnung was mit denen heute los ist. Abgesehen davon ist die Atmosphäre aber entspannt und harmonisch. Es herrscht reges, aber ruhiges Treiben überall… bis auf die verdammten Affen.»
Erfahre hier mehr über Perplexity und Burstiness – sogar mit mathematischen Formeln!
Wenn sie stets auf die höchste Wahrscheinlichkeit setzt – warum liegt KI dann bei manchen Aufgaben so konsequent daneben?