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 Konflikte sind im Arbeitsalltag nicht gerne gesehen.
 
Stories 20, 02.12.2022
Knowhow

Konflikte sind im Arbeitsalltag nicht gerne gesehen.

Sie zu lösen erfordert viel Feingefühl, Empathie und vor allem Zeit – die ja eigentlich ins Geschäft investiert werden soll. Wegschauen, runterschlucken oder ignorieren ist für den Moment bequem, langfristig aber verheerend. Wissen wir. Kennen wir. Artikel und Ratgeber zu Konfliktlösung gibt es haufenweise. Doch was, wenn es gar nicht so weit kommt? Das ist in den allermeisten Fällen möglich – mit Selbstreflexion. «Ich bin das Problem, ich bin die Lösung».

Bestimmte Bemerkungen oder Verhaltensweisen lösen bei uns negative Gefühle aus. Hässig. Verletzt. Enttäuscht. Das klingt im ersten Moment nicht gut, bedeutet aber auch: Wir sind emotional involviert. Es ist uns nicht egal. Es lässt uns nicht kalt. Das ist doch schon mal was Schönes. Betrachte deine Emotionen mit diesem positiven Zugang. Nimm der Negativität Luft und schaffe so Platz zum Aufräumen. Dieser Prozess startet bestenfalls in schriftlicher Form. Das ist nötig, da: 1. innere Dialoge immer auf unserer Seite sind und 2. die Gedanken im Kopf zu schnell ablaufen, um Muster oder Ungereimtheiten zu erkennen.

 

1. Die Grundhaltung

Niemand handelt aus Böswilligkeit. Was du empfindest, ist deine persönliche Reaktion auf Gegebenheiten oder Geschehnisse. Nur weil du ein Problem siehst, existiert es nicht gezwungenermassen auch für die anderen. Beim Streben nach der «heilen Welt» hat jeder Mensch ein anderes Bild vor Augen. Es ist ein Weltbild auf individueller Ebene. Sei dir dessen stets bewusst und drücke dich entsprechend aus. Das Befassen mit konstruktiver Kritik, Formulierungsmethoden sowie Dos & Don’ts ist grundlegend.

 

2. Die Tabelle

Aufräumen und gewichten ist angesagt. Notiere in der ersten Spalte einer Tabelle, was genau dich triggert. Dem fügst du in der zweiten Spalte eine Bewertung der Intensität hinzu. Definiere ausserdem einen Zeitraum, um dem Ganzen einen Rahmen zu verpassen:

Was löst deine negativen Emotionen aus? Wie stark sind diese Emotionen von 1-10? Wie oft kam es z.B. im letzten Monat vor?

Wirf einen Blick auf deine Liste und stell dir dabei jetzt eine Person vor, die du gern hast. Würde sich dein liebstes Gspänli so verhalten, wärst du genervt? In demselben Ausmass? Auch wenn es nur einmal vorgekommen ist? Mit dieser Taktik beginnst du, die Situation statt einzelne Menschen zu beurteilen. Korrigiere allfällige Diskrepanzen. Hinterfrage deine Voreingenommenheit. Gewinne an Neutralität.


3. Die dritte Person

Einen weiteren, wichtigen Blickwinkel verschaffst du dir in der 3. Person. Erzählungen aus der Ich-Perspektive sind gezwungenermassen subjektiv. Nur schon in der Sprache die Perspektive zu wechseln, verschafft eine hilfreiche Distanz, was wiederum zu mehr Objektivität verhilft. Nicht nur triggernden Personen gegenüber, vor allem gegenüber dir selbst.
 
Schreibe die Geschehnisse nieder, die dich bedrücken. Verwende für alle Beteiligten andere Namen oder ersetze sie beispielsweise durch Tierarten. Versuche, beim Durchlesen gegenüber allen Charakteren gleichermassen kritisch zu sein und frage dich:

  • An welchen Stellen ist das beschriebene Verhalten rational, an welchen emotional?
  • Wie wirkst du selbst auf die Beteiligten?
  • Wo hättest du dich selbst besser verhalten können?

Ganz bestimmt hast du begründete Argumente für dein eigenes Handeln. Und das gilt genauso für alle anderen. Seien es frühere Erfahrungen, persönliche Umstände oder dir unbekannte Hintergründe – Menschen sind immer komplexer als unsere Wahrnehmung von ihnen. Dank dieser Kontextualisierung projizierst du Geschehenes weniger auf dich selbst und hast die Möglichkeit, bei Interaktionen offener zu agieren und empathischer zu werden.

Du wirst sehen: Die rationale Herangehensweise beruhigt deine emotionale Unruhe. Jetzt eine Nacht darüber schlafen erst recht. Morgen früh kannst du ja mal eine der Sachen aus deiner Tabelle bei der betroffenen Person ansprechen. Am besten eine, die nicht allzu starke Emotionen bei dir geweckt hatte. Die entsprechende Reaktion ist ziemlich repräsentativ dafür, wie die Beteiligten auf Kritik reagieren – übrigens meistens besser, als du ihnen es zugetraut hättest.